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Eine Handlung wird als eine freie empfunden, soweit deren Grund aus dem ideellen Teil meines individuellen Wesens hervorgeht; jeder andere Teil einer Handlung, gleichgültig, ob er aus dem Zwange der Natur oder aus der Nötigung einer sittlichen Norm vollzogen wird, wird als unfrei empfunden.
Rudolf Steiner (GA 4, Philosophie der Freiheit)
Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen.
Aber mitten aus der Zwangsordnung heraus erheben sich die Menschen, die freien Geister, die sich selbst finden in dem Wust von Sitte, Gesetzeszwang, Religionsübung und so weiter. Frei sind sie, insofern sie nur sich folgen, unfrei, insofern sie sich unterwerfen. Wer von uns kann sagen, dass er in allen seinen Handlungen wirklich frei ist? Aber in jedem von uns wohnt eine tiefere Wesenheit, in der sich der freie Mensch ausspricht.
Aus Handlungen der Freiheit und der Unfreiheit setzt sich unser Leben zusammen. Wir können aber den Begriff des Menschen nicht zu Ende denken, ohne auf den freien Geist als die reinste Ausprägung der menschlichen Natur zu kommen. Wahrhaft Menschen sind wir doch nur, insofern wir frei sind.
Rudolf Steiner (GA 4, Kapitel 9, die Idee der Freiheit)
Wir können von Freiheit des Menschen sprechen, wenn wir von jenen Handlungen des Menschen sprechen, die aus seinem freien Denken heraus gestaltet werden, wo der Mensch durch eine moralische Selbsterziehung dazu kommt, dass ihn die Instinkte, die Triebe, die Emotionen, sein Temperament nicht zu einer Handlung beeinflussen, sondern allein die hingebungsvolle Liebe zu einer Handlung.
In dieser hingebungsvollen Liebe zu einer Handlung kann sich das entwickeln, was aus der idealen Stärke des reinen sittlichen Gedankens hervorgeht. Das ist eine wirkliche freie Handlung.
Rudolf Steiner (GA 79, S. 126 f.)
Wann sind wir frei resp. unfrei?
Grundsätzlich kann es Freiheit nur geben, wenn es ein Ich gibt, das ein eigenständiges, selbständiges Bewusstsein hat und das selber entscheiden kann. Das Ich steht über den drei Seelenkräften Denken, Fühlen und Wollen.
Die Freiheit des Willens setzt neben dem Ich-Bewusstsein aber auch die Freiheit des Denkens voraus. Frei im Denken sind wir nur in der reinen Intuition. Reine Intuitionen erhalten wir aus der Ideellen Sphäre aus der überpersönlichen Ebene. Nur im Denken können wir voll bewusst sein, im Wollen hingegen befinden wir uns im Schlafbewusstsein, deshalb sollen wir vor dem Handeln das bewusste Denken einsetzen.
Aus dem Willen und nur aus dem Willen fließen alle unsere Handlungen.
Freisein heißt nicht wollen können, was man will, sondern tun können, was man will. Der Mensch kann allerdings tun, was er will – aber er kann nicht wollen, was er will, weil sein Wille durch Motive bestimmt ist!
Was heisst denn, er kann nicht wollen, was er will? Freiheit des Willens müßte also darin bestehen, dass man ohne Grund, ohne Motiv etwas wollen könnte?.Aber was heißt denn Wollen anders, als einen Grund haben, dies lieber zu tun oder anzustreben als jenes? Ohne Grund, ohne Motiv etwas wollen, hieße etwas wollen, ohne es zu wollen. Mit dem Begriff des Wollens ist der des Motivs unzertrennlich verknüpft.
Rudolf Steiner (GA 4, S. 12ff.)
Bewusste und unbewusste Motive und Triebfedern für Handlungen
Für den einzelnen Willensakt kommen das Motiv und die Triebfeder in Betracht.
Das Motiv ist ein augenblicklicher Gedankeninhalt (eine Vorstellung oder ein Begriff), der augenblickliche Bestimmungsgrund des Wollens.
Die Triebfeder ist die dauernde Veranlagung in uns, der bleibende Bestimmungsgrund des Individuums.
Begriffe und Vorstellungen werden dadurch zu Motiven des Wollens, dass sie auf das menschliche Individuum wirken und dasselbe in einer gewissen Richtung zum Handeln bestimmen.
Ein und derselbe Begriff, beziehungsweise eine und dieselbe Vorstellung wirkt aber auf verschiedene Individuen verschieden. Sie veranlassen verschiedene Menschen zu verschiedenen Handlungen. Das Wollen ist also nicht bloß ein Erlebnis des Begriffes oder der Vorstellung, sondern auch der individuellen Beschaffenheit des Menschen.
Diese individuelle Beschaffenheit wollen wir die charakterologische Anlage nennen, die Triebfeder.
Ganz besonders ist meine charakterologische Anlage durch mein Gefühlsleben bestimmt. Ob ich an einer bestimmten Vorstellung oder einem Begriff Freude oder Schmerz empfinde, davon wird es abhängen, ob ich sie zum Motiv meines Handelns machen will oder nicht.
Eine Vorstellung wird aber nur dann zum Motiv des Wollens erhoben, wenn sie auf eine geeignete charakterologische Anlage (Merkmale unserer individuellen Persönlichkeit) auftrifft, das ist, wenn sich durch mein bisheriges Leben in mir etwa die Vorstellungen gebildet haben z.B. von der Zweckmäßigkeit des Spazierengehens, von dem Wert der Gesundheit, und ferner, wenn sich mit der Vorstellung des Spazierengehens in mir das Gefühl der Lust verbindet.
Rudolf Steiner (GA 4, S. 103 ff.)
Triebfedern (charakterliche Anlagen), aus denen wir unfrei handeln
Triebfedern, aus denen wir unfrei handeln, wenn vor der Handlung unser bewusstes Denken nicht stattgefunden hat und das Handeln deshalb automatisch geschieht:
- Instinkte, Reflexe,
- Triebe, Gewohnheiten die zur Routine oder Sucht geworden sind.
- Gesellschaftliche Konventionen, Taktgefühl, „sittlicher Geschmack“
- Begehren, Lust
- Gefühle (wie Angst, Wut, Neid, Eifersucht, Scham, Stolz, Neid, Mitgefühl, Demut, Reue, Dankbarkeit, Pflichtgefühl usw. als Triebfedern zur Handlung)
- Eigene Erfahrungen aus der Praxis aufgrund sinnlicher Ereignisse, Denken aus Erfahrung, praktische Vernunft
Es gibt nur eine Triebfeder, aus der wir frei handeln
Es ist die Ebene des reinen Denkens, die reine Intuition aus der ideellen Sphäre, aus der überpersönliche Sphäre, die praktische Vernunft,
- Ohne Vorurteile
- Ohne persönliche Gefühle
- Frei von Konventionen
- Frei von äußeren Einflüssen und Reizen
- Frei von Erfahrungen und Glaubenssätzen
Motive mit Voraussetzungen, aus denen wir unfrei handeln, sind:
- Reiner Egoismus
- Berechnender Egoismus oder Klugheitsmoral (Win-Win)
- Äussere Moralsysteme: Autorität, Religion, Kultur, Partei, Ideologie
- Innere Moralsysteme: Persönliches Gewissen, Sittlichkeitsideale,
- Gemeinwohl, Kulturfortschritt. Wir vernehmen die Stimme in unserem eigenen Innern, der wir uns zu unterwerfen haben. Der Ausdruck dieser Stimme ist das Gewissen.
Es bleibt nur ein Motiv ohne Voraussetzungen, aus dem wir frei handeln
Das ist die begriffliche Intuition aus der überpersönlichen Ebene, die reine Vernunft auf der Ebene des reinen Denkens.
Die gemeinsame Ebene von Motiv und Triebfeder, woraus wir frei handeln
und auf der alles Persönliche ausgeschlossen und das Denken völlig frei ist und sich einer Intuition, d.h. einer Eingebung aus überpersönlicher Ebene hingeben kann, ist die moralische Intuition.
Nur hier findet Freiheit im Denken und im Wollen statt. Nur hier lebt der freie Wille. Nur hier kann der individuelle einzelne Mensch freie Entscheidungen treffen.
Erst eine Gemeinschaft, ein Volk oder eine Institution von einzelnen freien Menschen kann als eine freie Gemeinschaft, ein freies Volk oder freie Institution bezeichnet werden.