
Ich wollte den Freiheitsbegriff als Weltbegriff entwickeln, wollte zeigen, dass nur derjenige die Freiheit verstehen kann und sie auch nur in der richtigen Weise erfühlen kann, der einen Sinn dafür hat, dass im menschlichen Inneren sich nicht etwas abspielt, was nur irdisch ist, sondern dass der große kosmische Weltprozess hindurchflutet durch das menschliche Innere und aufgefasst werden kann im menschlichen Inneren.
Und nur, wenn dieser große kosmische Weltprozess im menschlichen Inneren aufgefangen wird, wenn er im menschlichen Inneren durchlebt wird, dann ist es möglich, durch eine Erfassung des menschlichen Innersten als etwas Kosmischem zu einer Philosophie der Freiheit zu kommen.
Zu einer Philosophie der Freiheit kann derjenige nicht kommen, welcher nach der Anleitung der modernen naturwissenschaftlichen Erziehung sein Denken bloß am Gängelbande der äußeren Sinnenfälligkeit hinführen will. Das ist gerade das Tragische in unserer Zeit, dass die Menschen überall auf unseren Hochschulen dazu erzogen werden, ihr Denken am Gängelbande der äußeren Sinnlichkeit zu führen. Dadurch sind wir in ein Zeitalter hineingeraten, welches mehr oder weniger hilflos ist in allen ethischen, sozialen und politischen Fragen.
Denn nimmermehr wird dasjenige Denken, das sich nur am Gängelbande der äußeren Sinnlichkeit führen lässt, in der Lage sein, sich innerlich so zu befreien, dass es zu den Intuitionen aufsteigt, zu denen es aufsteigen muss, wenn dieses Denken sich betätigen will innerhalb der Sphäre des menschlichen Handelns. Daher ist der Impuls der Freiheit geradezu ausgeschaltet worden durch dieses am Gängelbande geführte Denken.
Rudolf Steiner (GA 185, 6. Vortrag, S. 130f.)