Soziale Dreigliederung (Dreigliederung des sozialen Organismus)


Informationsvideo von Axel Burkart und Hans Bonneval zur sozialen Dreigliederung:

nformations-Video „Die soziale Dreigliederung“ nach Rudolf Steiner – YouTube
Rudolf Steiner und die Dreigliederung als soziale Zukunftsmission Mitteleuropas – Hans Bonneval (youtube.com)

Kurze Beschreibung der sozialen Dreigliederung

Die Dreigliederung des sozialen Organismus ist ein von Rudolf Steiner entworfenes und in den Jahren 1917–1922 detailreich ausgearbeitetes Leitbild für eine zukunftsorientierte gesellschaftliche Ordnung und Entwicklung.

Die von Steiner vorgeschlagene Soziale Dreigliederung beschreibt die Grundstruktur einer Gesellschaft, in der die Koordination der gesamtgesellschaftlichen Lebensprozesse nicht zentral durch den Staat oder eine Führungselite erfolgt, sondern in der sich die drei Bereiche des sozialen Lebens: Geistesleben (Kultur), Rechtsleben bzw. Politik und Wirtschaft selbst verwalten und relativ autonom den je eigenen Funktionsprinzipien folgen.

Der soziale Organismus, der den zentral verwalteten Einheitsstaat ablöst, soll analog des dreigliedrigen menschlichen Organismus aus dem lebendigen Zusammenwirken der drei selbstständigen Glieder des Wirtschafts-, Rechts- und Geistesleben entstehen. Das Wirtschaftsleben ist dabei vergleichbar dem Nerven-Sinnessystem, das Rechtsleben dem Rhythmischen System und das Geistesleben dem Stoffwechselsystem. 

Das Wirtschaftsleben entfaltet sich auf der Grundlage des nutzbaren Bodens im Kreislauf der Warenherstellung (Produktion), des Vertriebs (Handel) und des Verbrauchs (Konsum). Es soll nach dem Prinzip der Brüderlichkeit durch Assoziationen geregelt werden.

Das Rechtsleben umfasst das eigentlich Politische und das Verwaltungsrecht und regelt das Verhältnis von Mensch zu Mensch nach dem Prinzip der Gleichheit  in für alle gleich geltenden Gesetzen.

Das auf Freiheit gegründete Geistesleben wird nicht staatlich reglementiert und umfasst u.a. das gesamte Bildungswesen, das Gesundheitswesen, Kunst, Religion, technische Erfindungen, sowie auch die Rechtsprechung im Privat- und Strafrecht.

Dreigliederung des sozialen Organismus – AnthroWiki, Rudolf Steiner (GA197, S. 82f)

Die Dreigliederung des sozialen Organismus und der Ruf nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Im Grunde war schon die Tendenz nach der Dreigliederung des gesunden sozialen Organismus seit dem Ende des 18.. Jahrhunderts in dem Unterbewusstsein der Menschen vorhanden.

Und die Rufe nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, die nur dann Sinn bekommen werden, wenn einmal die Dreigliederung sich verwirklicht, sie bezeugten, dass diese unterbewusste Sehnsucht nach der Dreigliederung vorhanden war.

Rudolf Steiner (GA 190, S. 179)

Problem des heutigen, veralteten Einheitsstaates

In einem Einheitsstaat werden alle geistigen, wirtschaftlichen und rechtlichen, politischen Angelegenheiten der Menschen vom Staat aus staatlich-politisch beeinflusst und regiert. Geistesleben, Rechts- und Wirtschaftsleben können sich nicht unabhängig entwickeln. Machtballung und Unterdrückung vorallem beim Staat und bei der Wirtschaft über das Geistesleben.

Denn die Sache liegt ja im allgemeinen so: Durch die Verhältnisse der neueren Menschheitsentwickelung ist das eigentliche Staatsleben als solches, das sich eigentlich im Rechtsstaat ausleben sollte, im wesentlichen verschwunden, und was sich im Staate auslebt, ist eigentlich ein chaotisches Zusammensein der geistigen Elemente des menschlichen Daseins und der wirtschaftlichen Elemente. Man könnte sagen: In den modernen Staaten haben sich allmählich die geistigen Elemente und die wirtschaftlichen Elemente durcheinander-geschweißt, und das eigentliche Staatsleben ist zwischendurch eben heruntergefallen, eigentlich verschwunden.

Rudolf Steiner (GA 339, S. 63 )

Ist die Demokratie eine Illusion?

Denn ungefähr so viel, wie der, dem man einen gerupften Hahn zeigt, vom Menschen weiß, wissen die Menschen, die heute die Glorie der Demokratie verkündigen, von der Demokratie. Man nimmt Begriffe für Wirklichkeiten. Dadurch aber ist es unschwer möglich, daß die Illusion sich an die Stelle der Wirklichkeit setzt, wenn es sich ums Menschenleben handelt, indem man die Menschen einlullt und einschläfert durch Begriffe. Dann glauben sie, in ihrem Streben gehe es dahin, daß jeder Mensch seinen Willen zum Ausdruck bringen könne durch die verschiedenen Einrichtungen der Demokratie, und merken nicht, daß diese Strukturen der Demokratie so sind, daß immer ein paar Menschen an den Drähten ziehen, die andern aber werden gezogen. Doch weil man ihnen immer vorredet, sie sind in der Demokratie drinnen, merken sie nicht, daß sie gezogen werden, daß da einzelne ziehen. Und um so besser können diese einzelnen ziehen, wenn die andern alle glauben, sie ziehen selbst, sie werden nicht gezogen. So kann man ganz gut durch abstrakte Begriffe die Menschen einlullen und sie glauben das Gegenteil von dem, was Wirklichkeit ist. Dadurch können aber die dunkeln Mächte gerade am allerbesten wirken. Und wenn einmal einer aufwacht, so wird er eben nicht berücksichtigt.

Interessant ist es, wie 1910 einer (Francis Delaisi) den schönen Satz geschrieben hat, daß es dem Großkapitalismus gelungen sei, aus der Demokratie das wunderbarste, wirksamste, biegsamste Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit zu machen. Man bilde sich gewöhnlich ein, die Finanzleute seien Gegner der Demokratie, schreibt der betreffende Mann – ein Grundirrtum; vielmehr seien sie deren Leiter und deren bewusste Förderer. Denn diese – die Demokratie nämlich – bilde die Spanische Wand, hinter welcher sie ihre Ausbeutungsmethode verbergen, und in ihr fänden sie das beste Verteidigungsmittel gegen die etwaige Empörung des Volkes.

Da hat einmal einer, der aufgewacht ist, gesehen, wie es nicht darauf ankommt, von Demokratie zu deklamieren, sondern wie es darauf ankommt, die Wirklichkeit zu durchschauen, nichts auf alle solche Schlagworte zu geben, sondern zu sehen, was wirklich ist. Heute wäre dies ganz besonders notwendig, denn man würde dann sehen, von wie wenigen Zentren aus die Ereignisse heute eigentlich gelenkt und geleitet werden, die so furchtbar, so blutig über die ganze Menschheit hin walten (Weltkrieg).

Rudolf Steiner (GA 177, S. 264 ff.)